#StartupReflections

Nicht alle Investoren sind ihr Geld wert

Drei Tipps für den erfolgreichen Umgang mit Finanzinvestoren

Viele Startups suchen Geld, und in den seltensten Fällen ist die Kapitalsuche ein Spaziergang. Bevor sich ein Gründerteam auf die Finanzierung durch Beteiligungskapital einlässt, sollte es sich viel Zeit lassen, kritisch sein - und immer einen Plan B bereithalten. 

Der heutige Blogbeitrag behandelt ein heikles Thema: Die schwarzen Schafe unter den Investoren. Jene, die nur aus finanziellen Motiven in eine Idee investieren, auf den schnellen Gewinn hoffen und gleichzeitig die Gründer nicht als Partner anerkennen. Wie kann ein Startup vermeiden, dass es sich auf die „falschen Investoren“ einlässt?

Hierzu drei Tipps: 

Erstens: Nicht zu früh auf Geldsuche gehen

In meiner Beratungspraxis habe ich das leider schon viel zu oft gesehen: Gründer, die eine gute Idee haben, sogar ein glaubwürdiges Team, aber viel zu wenig daran glauben, dass sie auch mit eigener Kraft viel schaffen können. Anstatt in der frühen Phase alle Energie in die Entwicklung ihres Kernprodukts zu stecken und den Proof of Concept zu erbringen, verlieren sie wertvolle Zeit mit verschiedensten Investorengesprächen.

Das zu erwartende Resultat: In seltenen Fällen entsteht ein Deal mit einer schlechten Bewertung (weil der Proof of Concept noch nicht erbracht wurde). Und auch selten: Ein Deal mit einer viel zu hohen Bewertung, weil die Investoren Laien sind; das wird in der Regel später sehr problematisch. Im Normalfall aber: kein Deal. Denn Ideen sind billig, Erfolge hingegen rar.  

Zweitens: Sich keinen Illusionen hingeben 

Sinn ergibt eine Kapitalsuche erst, wenn ein Startup wirklich etwas zu bieten hat und dies glaubhaft verkaufen kann. Aber selbst dann bleibt es ein Spiel mit ungleich langen Spiessen: 

  • Auf der einen Seite stehen die Jungunternehmer:innen, die in vielen Fällen einen entbehrungsreichen Weg hinter sich haben, oft unter Einsatz von eigenen finanziellen Mitteln oder von Familie und Freunden. Sie brauchen dringend Unterstützung, um ihre Idee (endlich) zum Blühen zu bringen.
  • Auf der anderen Seite finden sich die Investor:innen, die - im  Idealfall - das Projekt mit Geldmitteln, Erfahrung und Netzwerk voranbringen können. Sie suchen ein hohes Erfolgspotenzial - wobei die Definition von Erfolg sehr abhängig von der einzelnen Investorin, dem einzelnen Investor sein kann.

  • Zwischen den beiden Gruppen besteht ein enormes Machtgefälle in Bezug auf finanzielle und zeitliche Ressourcen: Die Investoren haben nicht nur viel mehr Zeit als die Gründer:innen, sondern verfügen auch über Investitionsalternativen.

Je früher sich ein Startup dieser Mechaniken bewusst wird, desto grösser sind seine Chancen, siegreich aus der „Investitionsarena” hervorzugehen.

Wichtig auch: Die Einladung zum Pitch ist noch kein wirklicher Ausdruck von Interesse. Die meisten Venture Capital Firmen führen sehr bewusst mit möglichst vielen Gründer:innen Gespräche, aus einem simplen Grund: Sie wollen die eine Opportunität auf keinen Fall verpassen.

Drittens: Immer einen Plan B bereit halten

Was tun, wenn es trotzdem ernst wird und die Phase der „Due Diligence“ beginnt, in der das Jungunternehmen auf Herz und Nieren geprüft wird? Dann ist eine passive, abwartende Haltung der grösste Fehler. Auch Start-ups haben jedes Recht, ihre Investoren vor dem Gang zum Notar auf Herz und Nieren zu prüfen: 

  1. Welche Motivation steckt hinter der Investition? Passt unser Startup ins Profil der Beteiligungsfirma oder des Investors? Geht es um strategische Ziele? Um Finanzziele? Steht der Impact im Vordergrund oder vielleicht nur die persönliche Profilierung der Entscheidungsträger? Passen diese Ziele zu uns und können wir zu den Zielen beitragen?

  2. Hat die Investorin einen guten Ruf? Die kleine Schweiz hat durchaus ihre Vorteile - man kennt sich innerhalb der Branche. Vorsichtige Erkundungen bei Vertrauten aus dem eigenen Netzwerk können ein Weg sein, um den Ruf eines VCs, einer Angelinvestorin zu prüfen. Oder auch die Bitte nach Referenzen von anderen Startups, in die bereits investiert wurde.

  3. Wie wird die Zusammenarbeit aussehen? Wer soll im Verwaltungsrat einsitzen? Es ist wichtig, zu verstehen, welche Rolle der Investor im Tagesgeschäft einnehmen möchte, wie Entscheidungen getroffen werden, und welche Netzwerkimpulse erwartet werden dürfen.

  4. Wie sehen die Finanzierungsmodalitäten aus?  Gibt es „Kleingedrucktes“, das zum Problem werden könnte? Die Konditionen der Finanzierung sollten realisierbar sein, die vereinbarten Milestones im Einklang mit dem Businessplan und den Fähigkeiten des Teams stehen. Den Jungunternehmern muss aber zugleich klar sein, welche Schritte die Investoren beim Nichterreichen eines Zwischenziels setzen können (z.B. Auszahlung kleinerer Tranchen oder Ausbau der Beteiligung). In jedem Fall sollte das „Term Sheet“, in dem die Grundlagen für die Beteiligung gelegt werden, von unabhängigen Dritten geprüft werden. Auch das letztlich verhandelte Paket - Beteiligungsvertrag und Aktionärsbindungsvertrag - sollte unbedingt von einer startup-erfahrenen Anwaltskanzlei geprüft werden.

  5. Ist die Bewertung fair? Passt sie zu unseren Zielen? Es gibt eine Vielzahl von Methoden der Unternehmensbewertung (auch für Startups), aber es gibt keine „richtige” Methode. Vielmehr gilt es herauszufinden, bei welcher Bewertung die Ziele der Firma mit den Zielen der Investorin optimal übereinstimmen; das Ermitteln der „richtigen” Bewertung ist also vielmehr ein Verhandlungsprozess als eine mathematische Übung. 

Nur, wenn alle obigen Fragen positiv beantwortet werden können, sollte die Kapitalbeteiligung tatsächlich in Angriff genommen werden.

Die obige Liste zeigt: Startups fahren am besten, wenn sie ihre Situation realistisch einzuschätzen versuchen und sich bei der Kapitalsuche in Geduld üben. Wer jederzeit mit einem Plan B etwaige finanzielle Durststrecken überstehen kann, für den ist auch das Platzen eines Deals weniger kritisch.

Bei der Suche nach Investoren verhält es sich ein wenig wie mit der Liebe: Meistens ist es kompliziert, und die auf den ersten Blick attraktivsten Partner sind selten die besten. Drum prüfe, wer sich …