#StartupReflections

Unternehmer:innen sind die glücklicheren Menschen

Warum es trotz der vielen Arbeit sinnvoll ist, eine eigene Firma zu gründen

Es gibt immer wieder auch gute News in unserer Welt, und eine wurde kürzlich durch das IFJ (Institut für Jungunternehmen) publiziert: Die Schweiz erlebt zurzeit einen anhaltenden Trend in Richtung Unternehmertum. Im Jahr 2023 wurden hierzulande 51'637 neue Firmen gegründet. Das sind 3,2% mehr als im Vorjahr und in absoluten Zahlen so viele wie noch nie. Im selben Zeitraum wurden «nur» 30’790 Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht – das waren erfreuliche 7,7% weniger als 2022. Aufgrund der Dynamik im letzten Quartal geht das IFJ davon aus, dass sich der Trend 2024 fortsetzen könnte.

Nach der Gründung ist vor der ständigen Optimierung

Die Gründung eines Unternehmens ist nur der erste Schritt auf einer meist langen Reise, die in den wenigsten Fällen unter der Rubrik «erholsam» erscheinen dürfte. Hier nur eine kleine Auswahl der Hürden, mit denen meine Klienten häufig konfrontiert werden:

  • Fixe Kosten, unsichere Erträge: Neuland, so weit das Auge reicht. Kaum ein Startup geht mit dem perfekten Geschäftsmodell ins Rennen. Es gilt von den ersten Kunden zu lernen, den Prototyp anzupassen und durch konsequente Annäherung an die Marktbedürfnisse zu wachsen. Dass dies in den meisten Fällen auch eine finanzielle Achterbahnfahrt ist, versteht sich von selbst.

  • Kapitalsuche oder Bootstrapping? Bei forschungsintensiven Produkten im Hightech-Bereich sind nach anfänglichem Bootstrapping Finanzierungsrunden oft der sinnvollste Weg. Die Suche nach den passenden Investoren kann allerdings sehr langwierig sein

  • Einzelkämpfertum vs. Schwierigkeiten im Team: Die überwiegende Zahl der Firmen wird im Alleingang gegründet. Einzelgründer:innen haben zwar weniger Koordinationsbedarf, können aber grössere Nachfragesprünge und komplexe Situationen weniger leicht stemmen. Bei Teamgründungen sind immer wieder Ziel- oder Wertkonflikte zu beobachten.

Die obige Liste liesse sich noch um zahlreiche Punkte erweitern, aber so viel steht fest: Gründen ist nichts für Träumer:innen, sondern im Regelfall harte Arbeit. Warum also entscheiden sich trotzdem so viele Menschen für diese Lebensweise, wenn sie doch schon beim Start wissen, dass der voraussichtliche Lohn mittelmässig und der Aufwand gross sein wird? Ich sehe dafür zwei Ursachen:

Erstens: Das institutionelle Umfeld stimmt in der Schweiz

Im internationalen Vergleich scheint die Schweiz ein gutes Ökosystem für Startups geschaffen zu haben: etwa durch die etablierte Zusammenarbeit der Hochschulen mit der Wirtschaft (Innosuisse etc.), eine wachsende Investment-Community, gute Infrastruktur und ein vertrauenswürdiges Rechtssystem. Dementsprechend stabil ist die Positionierung in verschiedenen internationalen Rankings: 1. Platz im die im European Innovation Scoreboardoder der 8. Platz im Global Entrepreneurship Monitor

Diese Rangordnungen zeigen: Wenn jemand in der Schweiz eine Idee hat, so ist das «System» kein Hindernis bei der Umsetzung (im Gegensatz zu vielen anderen Ländern).

Zweitens: Unternehmer:innen sind freier

Ein weiterer, aus meiner Sicht entscheidender Grund liegt auf der persönlichen Ebene: Unternehmer:innen haben die Möglichkeit, ihre berufliche Situation direkt zu beeinflussen: durch die Produkte und Dienstleistungen, die sie anbieten, durch die Kundensegmente, die sie ansprechen, oder dadurch, auf welchen Werten sie ihre Organisation aufbauen. 

Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass dieser Gestaltungsspielraum relevant ist. 

  • Die Wharton University befragte rund 11.000 Hochschulabsolventen zu ihrem Glücksempfinden. Diejenigen, die mehr verdienten, waren im Allgemeinen zufriedener mit ihrem Leben. Aber diejenigen, die ihr eigenes Unternehmen führten, waren die glücklichsten, unabhängig davon, wie viel Geld sie verdienten.

  • Gemäss einer Studie der Universität Amsterdam haben Unternehmer aufgrund der «positiven psychologischen Aspekte des Unternehmertums» ein geringeres Risiko an Burnout zu erkranken als Angestellte.

  • Auch eine Metastudie der Universität St. Gallen, die 94 Forschungsarbeiten über einen Zeitraum von 40 Jahren aus 82 Ländern zusammenfasste, kam zum Schluss, dass Selbstständige in der Regel ein signifikant höheres Mass an Wohlbefinden aufweisen als Angestellte. 

Allen, die bei ihren Plänen für das neue Jahr an die Gründung eines eigenen Unternehmens denken, rufe ich deshalb zu: «Nur Mut! Die Chancen stehen gut!»


Image (by Dall-E): Entrepreneurs designing their future