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Mit Nachhaltigkeit bei Investoren punkten

Warum ESG-Kriterien für Startups relevant sind

«Diagnose in der Hälfte der Zeit, bei 30 % Kosteneinsparung!»/ «80 % schnellere Kreditanträge, ein Viertel mehr Abschlüsse!»/ «Um 40 % geringerer Wasserverbrauch, aber ein um 15 % höherer Ertrag!»: Wenn Startups auf Investorensuche sind, geht es in erster Linie darum, den USP des neuen Angebots herauszustreichen und so die Attraktivität des Investmentangebots zu unterstreichen. In meinen Beratungsgesprächen mit Gründer:innen kommt zudem regelmässig die Frage auf, wie wichtig Nachhaltigkeitsthemen für Startup-Investoren sind. Aufgrund meiner Erfahrung kann ich bestätigen: Ja, ihr Stellenwert hat in den letzten Jahren zugenommen. Viele Investoren möchten Teil von etwas «Grossem» sein, doch ihre Motivation für nachhaltiges Investieren hat oft sehr unterschiedliche Ursachen.

Je früher im Prozess, desto idealistischer

Vor allem bei Crowdinvesting, aber auch bei vielen Angel-Investor:innen, spielen «weiche» Faktoren eine besonders grosse Rolle. Wie passt die Idee zu meinen Werten? Welchen Beitrag leistet das Unternehmen für die Gesellschaft? Treten die Gründer:innen glaubhaft auf? In dieser Phase entscheidet nicht selten das Bauchgefühl. Dass mangels harter Faktoren (von denen es in der Aufbauphase nun mal wenige gibt) zusätzliche, meistens sehr subjektive Kriterien mitspielen, ist normal.

ESG-Kriterien sind für VCs wichtig

Je reifer eine Unternehmensidee ist, desto strukturierter wird ein Startup durchleuchtet – auch in Nachhaltigkeitsfragen: Welchen Impact hat die Idee auf Umwelt und Gesellschaft? Wie nachhaltig ist die Unternehmensführung?

Environmental, Social, and Governance (ESG)-Kriterien sind für Venture-Capital Fonds zunehmend relevant, und das aus mehreren Gründen:

  • Wachsender Druck von Anlegerseite: Investoren, die Kapital in VC-Fonds anlegen, wie etwa Pensionsfonds, Family Offices oder Stiftungen, achten vermehrt auf ESG-Faktoren. Sie stehen unter Druck, in nachhaltige und verantwortungsbewusste Unternehmen zu investieren. Dieser Druck wird auf die VC-Fonds übertragen.
  • Risikominimierung: Unternehmen, die Umwelt- oder Sozialrisiken ignorieren, können später mit erheblichen rechtlichen, regulatorischen oder rufschädigenden Herausforderungen konfrontiert werden. Durch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren können VC-Fonds solche Risiken frühzeitig identifizieren.
  • Langfristiger Erfolg: Studien haben gezeigt, dass Unternehmen, die ESG-Kriterien ernst nehmen, oft eine bessere finanzielle Performance und langfristige Stabilität aufweisen
  • Markenreputation und Differenzierung: VC-Fonds, die ESG-Kriterien aktiv in ihre Anlagestrategien integrieren, können sich positiv von anderen Fonds abheben. Dies kann bei der Kapitalbeschaffung von Vorteil sein, da immer mehr Investoren auf nachhaltige Investitionen achten. Eine starke ESG-Strategie kann auch die Attraktivität des Fonds für Startups erhöhen, die nach Investoren suchen, die ihre Werte teilen.
  • Regulatorische Anforderungen: In vielen Regionen werden die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf ESG verschärft. VC-Fonds, die ESG-Kriterien berücksichtigen, können Compliance-Risiken reduzieren. Dies gilt insbesondere in der EU, wo z.B. die Offenlegungsverordnung (SFDR) seit 2018 Einfluss auf Investitionsentscheidungen hat.
  • Steigerung des Exiterfolgs: Unternehmen, die ESG-Kriterien erfüllen, sind für eine breitere Palette von Investoren und Käufern attraktiver, insbesondere bei einem Börsengang oder Verkauf.

Die obige Liste zeigt vor allem eines: Startups sollten schon früh über den eigenen Tellerrand hinausschauen und sich die Frage nach der eigenen Nachhaltigkeit stellen. Früher - oder später - kommt das Thema sowieso auf den Tisch.

Die Wertediskussion ist gesund

Wo anfangen mit den Bestrebungen zu mehr Nachhaltigkeit? Eine solide Grundlage für ein erstes Brainstorming bietet die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung. Nahezu jede Geschäftsidee lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit einem oder mehreren der 17 offiziellen Ziele zuordnen. Der nächste – zugegebenermassen nicht triviale Schritt –  besteht darin, zu definieren, wie das Unternehmen konkret zur Erreichung dieser Ziele beitragen wird.

17 UN Development Goals

Die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO

Nachhaltigkeit ist eine Haltung und ein fortlaufender Prozess, keine einmalige Entscheidung. Wenn das junge Unternehmen bereits frühzeitig diese Diskussion sowohl intern im Team als auch mit potenziellen Investor:innen führt und die Resultate in seiner Vision verankert, stärkt dies die strategische Ausrichtung der Firma.

Werden Werte nicht rechtzeitig thematisiert, können später Differenzen zur Geschäftsführung oder strategischen Ausrichtung zu Konflikten führen. Insbesondere in Krisenzeiten, in denen schnelle und schwierige Entscheidungen erforderlich sind, kann eine klar definierte Wertebasis als wertvoller Leitfaden dienen.

Durch den frühzeitigen Austausch über gemeinsame Werte können Gründer:innen sicherstellen, dass sie Investoren an ihrer Seite haben, die nicht nur finanziell, sondern auch in Bezug auf Ethik und Unternehmensführung zum Startup passen.

Nachhaltigkeit als Teil des Geschäftsmodells, nicht als Ersatz für Rendite

Ein Missverständnis, das immer wieder auftaucht, ist die Annahme, dass Nachhaltigkeit ein Ersatz für Rendite sein könnte. Einige Startups glauben, sie könnten beispielsweise einen Teil ihrer Gewinne für wohltätige Zwecke abgeben und so ihre Attraktivität für Investoren mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit erhöhen. Dies ist jedoch nicht der Fall – im Gegenteil.

Gesucht werden Startups, die durch die Struktur ihrer Tätigkeit und ihres Geschäftsmodells sowohl zu Nachhaltigkeitszielen beitragen als auch ein hohes Skalierungspotenzial und Profitabilität aufweisen. Venture-Capital-Investoren mit einem Nachhaltigkeitsfokus sind in der Regel deutlich selektiver, da sie sowohl das Renditepotenzial als auch das Nachhaltigkeitspotenzial prüfen.

Diese doppelten Selektionskriterien machen es unerlässlich, dass Startups ihre Nachhaltigkeitsstrategie nicht als Beiwerk, sondern als integralen Bestandteil eines gewinnorientierten Geschäftsmodells verstehen. Übrigens verlangt auch Innosuisse inzwischen eine Analyse gemss den UN-SDGs von allen Startups, die am Core Coaching teilnehmen wollen. Eine solche Liste zu erstellen, ist somit nicht nur empfehlenswert, sondern bereits Voraussetzung für den Zugang zu essenziellen Förderprogrammen.

Um herauszufinden, zu welchen Nachhaltigkeitszielen ein Startup beiträgt, kann es einfach seinen Businessplan mit diesem GPT analysieren lassen.

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