#StartupReflections

Wie KMUs und Start-ups voneinander profitieren können 

Das «Venture Client Modell» als neues Instrument für Innovation

Start-ups haben frische Ideen und coole Produkte. KMUs haben häufig mehr Geld, aber weniger Ideen. Warum bringt man sie nicht gezielt zusammen? Das Venture-Client-Modell ist ein noch viel zu wenig angewendeter Ansatz.

Innovation ist zentral für die Wirtschaft, aber für viele Unternehmen schwer umzusetzen. Gerade einmal 16,3% der Firmen investieren laut einer KOF-Studie aktiv in Forschung und Entwicklung (F&E). Dass Innovation aber auch ohne eine eigene Forschungsabteilung möglich ist, illustriert das Venture-Client-Modell: Es basiert auf der Idee, dass ein Unternehmen per Vorauszahlung eine Lösung von einem Startup (dem Venture Vendor) kauft, um ein strategisch relevantes Problem damit zu beseitigen oder um eine neue Marktchance zu ergreifen.

Eine Chance für Schweizer KMU

Pionier des Venture-Client-Modells war die BMW Start-up Garage, aber in der Zwischenzeit sind viele andere Konzerne (z.B. ABB, Holcim, Siemens, Bosch) diesen Weg gegangen. Nachdem das Modell den eigenen Markttest also definitiv bestanden hat, sollte sein Roll-out nun den Rest der Wirtschaft erreichen – und über die Konzernwelt hinausgehen. Besonders interessant wäre dies für die Schweizer KMU-Szene, wo der Aufbau einen eigenen F&E-Abteilung für viele Firmen schlicht ausser Reichweite liegt.

Vorteile auf beiden Seiten

Ein wichtiger Grund für den Erfolg des Venture-Client-Modells liegt darin, dass es für alle Teilnehmer einen Gewinn darstellt.

Dem Start-up als Venture Vendor beschert dieser Ansatz einen ersten Kunden, um das eigene Produkt zur Marktreife zu bringen und an realen Bedürfnissen zu messen. Es erhält überlebenswichtigen Umsatz in der frühen Phase des Unternehmensaufbaus und die Chance zur Validierung der neuen Geschäftsidee. Also sämtliche Zutaten, um auch später weiter zu wachsen und zu skalieren. Nicht zu unterschätzen ist der Faktor Zeit: Das Start-up-Team kann alle Energie in die Produktentwicklung stecken und die rechtlichen Fragen, die bei einer klassischen Finanzierung zuhauf daherkommen, hintenanstellen.

Der Venture Client als Käufer des Produktes geht zwar ein höheres Risiko ein als bei einer herkömmlichen Beschaffung, da die Start-up-Lösung noch nicht vollständig ausgereift oder erprobt ist. Die Attraktivität der Idee für Unternehmen, besonders für KMU, liegt darin, dass sie Innovation quasi zum Fixpreis «einkaufen» — und sogar noch Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Sie können damit sicherstellen, dass die zu produzierende Lösung den eigenen Bedürfnissen besonders gut entspricht.

Es braucht regionale Matchmaker

Damit Venture Clients und Venture Vendors zusammenfinden, braucht es aber – analog den Venture Hubs der Grossunternehmen – erfahrene Vermittler, die die Bedürfnisse auf beiden Seiten sauber abklären und dabei kulturelle, technische, organisatorische und rechtliche Hürden überwinden helfen.

Wäre das nicht eine ideale Aufgabe für die Wirtschaftsförderungen der öffentlichen Hand? Die zahlreichen Startup-Inkubatoren in den Kantonen, Städten oder auch auf Bundesebene wären für den Betrieb einer eigenen Venture Client Unit perfekt positioniert, und der Lohn für derartige Aktivitäten entspräche zu 100% ihrem eigenen Unternehmenszweck, nämlich der Stärkung der hiesigen Wirtschaft.

Zu meiner Person: Als Start-up Coach bin ich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit den Bedürfnissen von Unternehmensgründerinnen und -gründern vertraut. In der Blogserie «Start-up-Hacks», gebe ich mein Wissen über die faszinierende Start-up-Welt in leicht verdaulichen Häppchen weiter.