Hohe Preise kosten weniger
Warum eine Hochpreisstrategie für die meisten Startups besser ist
Die Preissetzung eines Produkts oder einer Dienstleistung ist eine der wichtigsten Entscheidungen, die ein Startup beim Markteintritt treffen muss. Doch was ist der richtige Preis?
Preise sind wichtig, aber: Sie kommen an zweiter Stelle. Bevor ein Startup den Preis seines Produkts oder seiner Dienstleistung festlegt, muss es den Wert aus Kundensicht verstehen – und versuchen, diesen so gut wie möglich zu quantifizieren.
Es gibt verschiedene Fragen, die sich Kunden bei der Kaufentscheidung stellen:
Praktischer Wert: Welchen messbaren, quantifizierbaren Nutzen habe ich, wenn ich dieses Produkt kaufe/besitze/nutze?
Finanzieller Wert: Gibt es finanzielle Vorteile, wenn ich das Produkt kaufe/besitze/nutze?
Emotionaler Wert: Fühle ich mich besser, wenn ich dieses Produkt kaufe/besitze/nutze?
Prestige: Verbessert sich mein sozialer Status, wenn ich dieses Produkt kaufe/besitze/nutze?
Der Kundennutzen ist also die «conditio sine qua non». Aus den Motiven der Kunden lassen sich ausserdem erste Schlussfolgerungen für die Preisgestaltung ziehen und darüber, welche Aspekte bei der Marketingstrategie im Vordergrund stehen: die funktionalen/ finanziellen oder eher die emotionalen.
Trägt die Kostenstruktur die Preisstrategie?
Während sich beim Kunden alles um den Nutzen dreht, sind es beim Start-up die Kosten, die gedeckt werden müssen, um die weitere Entwicklung des Unternehmens zu sichern.
Grundsätzlich kann ein Startup beim Markteintritt unter drei Preisstrategien wählen:
Wertorientierung: Der Preis wird mit Blick auf die Zahlungsbereitschaft der Kunden gebildet.
Kostenorientierung: Preis = Produktionskosten plus Marge.
Wettbewerbsorientierung: Der Preis wird gegenüber der Konkurrenz definiert.
Die geeignete Preisstrategie kann je nach Produkt und Markt eine andere sein. Aber in der Frühphase, wenn die Kapitaldecke in den meisten Fällen noch schmal ist, sind zu niedrige Preise meistens riskant, und sie werden kritische Fragen auslösen: Sind die Tiefpreise durch eine günstige Kostenstruktur gerechtfertigt? Oder braucht es zusätzliche Mittel, um die aggressive Wachstumsstrategie zu finanzieren? Ist das Produkt bereits genügend skalierbar, kommen mit einer höheren Nachfrage auch entsprechende Grössenersparnisse? Ist das Unternehmen schon bereit für ein schnelles Wachstum?
Die vielen Vorteile hoher Preise
Ganz anders präsentiert sich die Situation, wenn ein Startup einen Markt mit hohen Preisen betritt. Ein höherer Preis signalisiert ein Qualitätsversprechen und kann beim Kunden, im Markt und im Unternehmen positive Effekte auslösen:
Ein hoher Preis führt zu höherem Kundenengagement, zu höherer Identifikation mit dem «wertvollen» Produkt.
Er ermöglicht beim Anbieter grössere Gewinnspannen und zwingt gleichzeitig zur ständigen Innovation.
Mit einem hohen Preis muss das Startup von Anfang an nach den Kunden mit dem maximalen Nutzen suchen und dabei wertvolle Lektionen über Verkauf und Wertschöpfung lernen.
Ein hoher Preis signalisiert der Konkurrenz ein Nischenprodukt (das diese hoffentlich ignorieren wird).
Motivierte Kunden zahlen gerne hohe Preise
Kritiker werden jetzt vielleicht sagen, dass ein unbekanntes, neues Unternehmen keine hohen Preise einfordern kann. Meine Erfahrung hat mir anderes gezeigt.
Besonders im B2B-Bereich ist das Preisniveau eine subjektive Frage. Wenn das Produkt auf Kundenseite den Nutzen maximiert, besteht meistens eine entsprechende Zahlungsbereitschaft. Wesentlich für die Verhandlungen ist auch, ob das Gegenüber Budgetkompetenz hat, also ob es «nur» ein Team leitet oder bereits in der Chefetage sitzt.
Eine bewährte Methode ist das «Herantasten von oben» an den richtigen Preis: Wenn man mehreren Kunden das gleiche Produkt zu unterschiedlichen Preisen offeriert, stellt sich in kurzer Zeit ein realistisches Gefühl für die unterschiedlichen Nutzen und Preispunkte ein. Dabei sollten die ersten Preise so gesetzt sein, dass die erste Antwort der Kunden ein «Nein» ist - denn ein «Ja» als Antwort signalisiert, dass da noch mehr möglich gewesen wäre. Selbstverständlich folgt nach dem «Nein» eine Verhandlung mit dem Ziel eines «Ja».
Vor allem aber sollten Startups den Mut haben, nach «guten» Kunden zu suchen: Nach denen, die hochmotiviert sind, weil sie ein dringendes Problem gelöst bekommen, die sich auf einen Dialog einlassen und Feedback geben. Es sind die intensiven Kundenbeziehungen, die den Startups dabei helfen, ihre Produkte und Dienstleistungen «massentauglich» zu machen.
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